Wenn Du in einer Survival Situation den Wald abfackelst bist Du dennoch
für den Schaden haftbar! Was echt jetzt? Ja, wirklich…
Diese und andere Knackpunkte kannst Du in diesem Artikel erfahren…
Mit „RECHT“ überleben? oder “Das Recht und die heilige Reihenfolge im Survival”.
Dieser Artikel ist besonders für Survivalisten aus Österreich interessant, obwohl
die Kernaussagen wahrscheinlich auch auf Deutschland anwendbar sein werden…
Und noch ein wichtiger Punkt – Der Autor bin nicht ich sondern der Jurist BEZDEKA Johann.
Mit „RECHT“ überleben? oder “Das Recht und die heilige Reihenfolge im Survival”
Gegenständliche theoretische Arbeit – erstellt im Zuge der Survivaltrainerausbildung 2016/2017 bei
Reinhard Rossmann – setzt sich mit Fragen des Notstandes in Survival- bzw. Überlebenssituationen
auseinander. Im Besonderen erfolgt eine Beleuchtung der „Heiligen Reihenfolgeihe” und deren
juristischen Auswirkung bzw. Bedeutung,
Allgemeines und Vorbemerkungen
Am Beginn der Ausführungen werden allgemeine Überlegungen angestellt, die im Wesentlichen eine Abgrenzung zu anderen Sichtweisen oder Themen darstellen.
Wer in eine „gefährliche“ Situation kommt, hat sich dieser zu stellen und wird die eine oder andere Handlung oder Nichthandlung (= Unterlassung) setzen. Jetzt gibt es unterschiedliche Möglichkeiten sich diesem Umstand zu widmen.
Entwicklungsphysiologisch könnte man sich diesem Umstand dahingehend nähern, als dass die Bewältigung der Situation in einem Erstarren, Fliehen oder Kämpfen (ggf. in Kombination) besteht.
Ein ethischer Ansatz stellt den Betroffenen vor andere Herausforderungen. Die individuelle moralische Grundprägung wäre daher die Maxime des Handelns. Möglicherweise – ohne dies einer Wertung zu unterziehen – kämen auch sog. esoterische und/oder naturreligiöse Elemente hinzu.
Diese Betrachtungsweisen (auch psychologisch, soziologisch, …) ließen sich jetzt, obgleich nicht unbeschränkt, aber noch weiter fortführen.
Gegenständliche Betrachtungen verfolgen aber einen juristischen Ansatz, wobei bereits an dieser Stelle bemerkt sei, dass hier nur oberflächlich bestimmte Themen angerissen werden können. Auch wird die juristische Kollegenschaft um Verzeihung ersucht, dass ich den Spagat zwischen juristischer Exaktheit und eine für den juristischen Laien verständliche Sprache oder Herangehensweise, wage und dass ich auf die österreichische Rechtsordnung (mit Stand 02/2017) fokussiere.
Inhaltlich möchte ich festhalten, dass Bereiche von Notwehr (dazu später unter Pkt. 3.) nicht im Mittelpunkt der Ausführungen stehen und Berufungen auf diesen Artikel als Rechtfertigung für Handlungen oder Unterlassungen nicht adäquat sind, sondern nur einen Überblick für eigenes Verhalten darstellen können, zumal letztlich diese von dritter Stelle (Behörde und/oder Gericht) einer Beurteilung unterzogen werden und Entscheidungen dieser Stellen nicht zu 100% prognostizierbar sind.
Methodisch/technisch – um auch den Lesefluss nicht zu unterbrechen – werden die aus meiner Sicht relevanten Quellen und Erklärungen als Endnoten (EN) zum Schluss des Dokumentes angeführt, und sollen als Vertiefungen („Wer es etwas genauer wissen will!“) dienen.
Wenn es der Leser schafft bis zum Ende durchzuhalten, findet er dort weitere Angaben zum Autor bzw. Verwertungsrechten.
Einteilung des österreichischen Rechtes
Es gibt mannigfaltige Einteilungen und Granulierungen der österreichischen Rechtsordnung.Für Zwecke dieses Artikel verfolge ich eine Einteilung in
- öffentliches Recht,
- Privatrecht und
- Strafrecht.
nur exemplarisch:
ad 2.1.: § 33 Forstgesetz regelt u.a. die Arten der Benützung des Waldes. Diese Bestimmung legt fest, was jedermann im Wald (samt näherer Beschreibung) tun darf, oder eben nicht tun darf. Darunter fällt etwa die Regelung, wer, wann und wo, sowie unter welchen Bedingungen Zelten darf. Die Beachtung dieser Regelungen ist deshalb wichtig, weil eine Nichtbefolgung eine (Verwaltungs)Strafbarkeit gem. § 174 Abs. 3 lit a) Forstgesetz nach sich zieht und mit Geldstrafe von bis zu 150 € geahndet wird. Jedoch ist bereits hier Vorsicht geboten, zumal die Regelung über das entzünden Feuer sich in § 40 f Forstgesetz befinden. Allein im Forstgesetz finden sich zahlreiche weitere Regelungen, deren Nichtbeachtung solche Geldstrafen (bis zu 7270 €) oder Freiheitsstrafen (bis zu 4 Wochen) nach sich ziehen.
Einschlägige andere Verwaltungsmaterien (insbesondere Handlungen in Zusammenhang mit „Survival- oder Überlebensszenarien“) finden sich nicht nur im sog. Bundesrecht, sondern auch in Landes- und Gemeindevorschriften. Eine Aufzählung derselben, würde jedoch den Rahmen dieser Betrachtung sprengen – und ist vielleicht Gegenstand einer anderen Arbeit – zumal gerade hier der Föderalismus (9 Bundesländer regeln denselben Sachverhalt zwar ähnlich, aber doch im Detail unterschiedlich) es schwierig macht, neben der Beachtung von Bundesvorschriften, das „gesollte“ Verhalten pro Bundesland darzustellen. Dass Österreich 2100 Gemeinden hat, sei nur nebenbei erwähnt.
ad 2.2.: Als Beispiel für diesen Regelungsbereich möchte ich etwa den § 1295 Abs. 1 ABGB anführen, der regelt, dass jedermann berechtigt ist, vom Schädiger Ersatz zu fordern (anders formuliert: Wer einen Schaden verursacht, hat diesen auch zu ersetzen). Wie dieser zu ersetzen ist und ob es Ausschlussgründe gibt, dazu später.
Wichtig ist an dieser Stelle, dass diese Verpflichtung etwa dann zu tragen kommen kann, wenn etwa ein Baum (der ja jemanden gehört) gefällt wird, oder ein anderer Sachschaden (auch durch Verunreinigung eines Gewässers mit nachfolgendem Fischsterben) verursacht wird. Hier überlasse ich die möglichen „Survival- oder Überlebensszenarien“ der Phantasie der Leser, darf aber kurz als Stichwort „A-Frame-Shelter“ zum Nachdenken in den Raum stellen.
ad 2.3.: Etwas „griffiger“ ist das Strafrecht. Gemeinhin versteht der juristische Laie darunter Angelegenheiten des StGB (Strafgesetzbuch), jedoch darf nicht übersehen werden, dass es auch das sog. Nebenstrafrecht (z.B. Verbotsgesetz) gibt und auch Verwaltungsmaterien (z.B. Waffengesetz) strafrechtliche Bestimmungen enthalten.
Um auch dies an einem Beispiel zu erläutern, möchte ich etwa auf den § 181f StGB verweisen, der etwa eine Strafbarkeit bei Tötung einer geschützten wildlebenden Tierart (oder Pflanzenart) enthält. Dieser Umstand ist daher bei Fragen der Nahrungsbeschaffung zu berücksichtigen.
1. Zwischenresümee: An dieser Stelle möchte ich diese Thematik nicht weiter – juristisch – vertiefen, sondern nur darauf hinweisen, dass man sich bewusst sein sollte, dass „Handlungen“ auch juristische Konsequenzen haben (können) und (was aus meiner Sicht wichtig ist) ein sog. Lebenssachverhalt aus unterschiedlicher juristischer Sicht, teilweise auch nebeneinander, beleuchtet werden muss.
Anders gesagt, die Tötung eines Tieres zur Nahrungsbeschaffung kann somit Konsequenzen gem. §§ 137 und 138 StGB (umgangssprachlich „Wilderei“), dem einschlägigen Jagdgesetz und schadenersatzrechtliche Folgen (sh. oben unter ad 2.) nach sich ziehen. Ein Nebeneinander ist somit nicht die Ausnahme, sondern – zumindest für strafrechtliche und zivilrechtliche Verantwortlichkeiten – die Regel. Auch ein Nebeneinander von gerichtlichem Strafrecht (etwa StGB) und Verwaltungsstrafrecht (sh. dazu EN 23) ist die Regel (Kumulationsprinzip), kann aber (gesetzlich) ausgeschlossen werden.
Exkurs zu Notwehr
Obgleich es hier oft zu Verwechslungen kommt, scheint es geboten sich als Abgrenzungsmaterie kurz mit Fragen der Notwehr auseinanderzusetzen. Einfach ausgedrückt ist festzuhalten, dass jemand nicht rechtswidrig handelt, der einen Angriff auf Leben, Gesundheit usw. abwehrt. Dies ist u.a. in § 3 StGB und § 19 ABGB geregelt. Grundsätzlich muss daher eine von einem Menschen – d.h. von keinem Tier; sh. dazu Ausführungen beim Pkt. 6. – ausgehende Handlung vorliegen, um einen rechtswidrigen Angriff im Sinne der o.a. Bestimmungen anzunehmen, die dem „Opfer“ das Recht einräumt diesen einerseits abzuwehren (und somit u.U. selbst eine an sich strafbare Handlung zu begehen) und andererseits dabei dem Angreifer einen (materiellen) Schaden zuzufügen.
Jetzt ist natürlich einzuräumen, dass sich auch durch einen Angriff (eines Menschen) eine Survival- oder Überlebenssituation ergeben kann, diese ist aber nicht Gegenstand der rechtlichen Prüfung dieser Arbeit, die sich im Kern mit der „Heiligen Reihenfolge“ und der Prioritätensetzung dazu beschäftigt, weshalb dieses Thema hier nicht weiter vertieft wird.
Die Heilige Reihenfolge im Survival
Da hier nicht die sog. „Heilige Reihenfolge“ oder Survivalprioritäten selbst – im Sinne einer Sinnhaftigkeit oder Reihenfolge – besprochen werden soll, sondern „nur“ deren juristische Bedeutung, wird diese als gegeben angenommen.
- Unterkunft
- Feuer
- Wasser
- Nahrung
Ich überlasse es der Einschätzung, der Erfahrung und dem Können des Survivalisten, welche Materialen, Situationen oder Lebewesen er benötigt, verbraucht oder in Anspruch nimmt, um seine sich aus dieser Reihenfolge ergeben Bedürfnisse zu decken.
Es liegt aber auf der Hand, dass man hier relativ rasch in Konflikt mit der österreichischen Rechtordnung kommt.
Ohne jetzt den Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben rege ich folgende Überlegungen an:
ad 4.1. Unterkunft: Neben der Frage des Entnehmens von Baumaterial (vgl dazu § 174 Abs. 3 lit b Z 3 und 4 iVm Abs. 5 Forstgesetz) ist selbst beim nicht benötigen von Holz, weil etwa ein Tarp vorhanden ist, das Lagern oder Zelten nach § 33 Abs. 3 Forstgesetz (sh. dazu EN 11) verboten.
Daher ist diese Tatsache bereits – neben der Verletzung anderer Rechtsvorschriften – ein erster Streitfall und Auslöser einer (Verwaltungs)Strafbarkeit. Auf die zivilrechtlichen Folgen (sh. dazu 2.2.), die Schadenersatzansprüche des Waldeigentümers auslösen sei verwiesen.
ad 4.2. Feuer: Das vorher dargestellte gilt auch für die Frage, ob das Entzünden eines Feuers zulässig ist oder nicht. Auch gibt etwa der § 40 Forstgesetz (sh. dazu EN 13) eine klare Antwort. Nein, außer in den im § 40 Ab. 2 Forstgesetz selbst aufgezählten Fällen. Dass auch hier eine Verletzung dieser Vorschrift eine Strafbarkeit nach sich zieht, versteht sich fast von selbst ( vgl. dazu § 174 Abs. 1 lit a Z 16 Forstgesetz).
Ob ein „Lagerfeuer“ bereits den Tatbestand der Brandstiftung (§ 169 StGB) oder der fahrlässigen Herbeiführung einer Feuersbrunst (§ 170 StGB) erfüllt, sei an dieser Stelle dahingestellt.
Hinsichtlich zivilrechtlicher Folgen wird auf das unter 4.1. ausgeführte verwiesen, zumal es offenkundig ist, dass Feuer per se Schäden verursacht.
ad 4.3. Wasser: Etwas einfacher (soweit es sich um ein öffentliches Gewässer handelt – sh. unten) gestaltet sich die Frage, ob die „Wasserentnahme“ Konsequenzen auslöst. Inwieweit Verunreinigungen (auch nach einschlägigen Naturschutzgesetzen der Bundesländer) von Bedeutung sind, lasse ich an dieser Stelle dahin gestellt, zumal diese Frage – meiner Einschätzung nach – zweitrangig ist, weil es primär um Themen der Beschaffung von Wasser geht, um das eigene Leben zu sichern.
Das Wasserrechtsgesetz (WRG 1959) unterscheidet – neben anderen Punkten – hier für diese Betrachtung in öffentliche Gewässer (§ 2 WRG) und Privatgewässer (§ 3 WRG). Obgleich diese Unterscheidung im Detail von Bedeutung ist, kann sie für Zwecke der Survivalprioritäten außer Betracht bleiben, weil das Schöpfen von (Oberflächen)Wasser – was hier wohl bei Flüssen udgl. eine tatsächliche Handlung ist – in beiden Fällen erlaubt ist (vgl. Gemeinbrauch in § 8 WRG). Etwas anders verhält es sich z.B. bei der Nutzung von Grundwasser, Quellenwasser oder Regenwasser, das sich auf einem Grundstück angesammelt hat, denn dieses ist dem Grundstückseigentümer zuzuordnen (vgl. dazu § 5 WRG).
Gerade letzteres ist zwar hinsichtlich zivilrechtlicher Folgen (sh. dazu auch 4.1.) auch von Bedeutung, aber – ohne jetzt Extrembeispiele – zu erfinden, ein Schaden wohl schwer bezifferbar, wenn jetzt Zerstörungen an Anlagen udgl. außer Betracht bleiben.
Ein widerrechtliche Benutzung nach dem WRG (im Sinne einer Wasserentnahme – Schöpfen, Trinken, …) ist meines Erachtens auszuschließen, zumal diese Handlungen keinen über den sog. „Gemeingebrauch“ hinausgehenden Gebrauch darstellen. Erst ein solcher – da bewilligungspflichtig (§ 9 WRG) – löste eine Strafbarkeit, mangels Vorliegen einer solchen, aus (vgl. § 137 Abs. 2 Z 1 WRG). Ähnliches gilt auch bei Eingriffen in das Grundwasser, weshalb darauf hier nicht weiter eingegangen wird.
Denkbar ist aber, dass der Tatbestand der Entwendung nach § 141 StGB vorliegt, wenn Grundwasser udgl. (sh. oben), weil dieses dem Grundstückseigentümer „gehört“ und dass an sich bringen möglicherweise den Tatbestand des Diebstahls (§ 127 StGB) erfüllt, entnommen wird. Dies deshalb, als das Wasser selbst wohl eine Sache des geringen Wertes darstellt (= Abgrenzung u.a. zum Diebstahl).
ad 4.4. Nahrung:
Hinsichtlich Nahrungsbeschaffung erweist sich diese Frage als sehr weitläufig. Hier beginnt die Problematik bei der Verletzung von Jagdrechten, der Wilderei, der Entwendung bzw. Schädigungen von geschützten Tier oder Pflanzenarten (vgl. dazu Ausführungen unter 2.3 und Zwischenresümee unter 2. bzw. 4.3.), betrifft Fragen des (zivilrechtlichen) Schadenersatzrechtes, bis hin etwa zu Verletzungen (landesgesetzlicher) naturschutzrechtlicher Bestimmungen betreffend des Schutzes besonderer Tier- und Pflanzenarten.
Zu letzterem verweise ich exemplarisch auf das Kärntner Naturschutzgesetz 2002 (K-NSG 2002), das in den §§ 18 (Pflanzenartenschutz) und 19 (Tierartenschutz) K-NSG vollkommen oder teilweise geschützte Arten festlegen, wo entweder jeglicher Gebrauch (ausgraben, entfernen,…) verboten ist, oder dieser reglementiert (etwa nach der Menge) wird. Da auch hier eine detaillierte Darstellung den Rahmen sprengen würde (nochmals: 9 Bundesländer 9 Naturschutzgesetze, samt Anhängen und Listen von Pflanzen- und Tierarten), soll es bei diesem Hinweis bleiben, dass auch diesem Punkt Beachtung geschenkt werden muss, zumal der § 67 Abs. 1 lit f K-NSG eine Strafbarkeit vorsieht.
Nicht zur Vollständigkeit, sondern lediglich zur Bewusstseinsschärfung sei noch erwähnt, dass es u.a. auch 9 Fischereigesetze usw. gibt.
2. Zwischenresümee: Unter Zugrundelegung der „heiligen Reihenfolge“ als Maxime der persönlichen Prioritäten, zeigt sich, dass die Verletzung/Missachtung von Rechtsvorschriften systemimmanent ist. Auch wurde aufgezeigt, dass nicht nur bundesgesetzliche Regelungen, sondern auch landesgesetzliche Bestimmungen zur Anwendung gelangen. Ohne weiteren Nachweis wird überdies bemerkt, dass auch gemeinderechtliche Bestimmungen zur Anwendung (einschl. Rechtsfolgen bei Nichtbeachtung) kommen. Spätestens jetzt komme ich nicht umhin, Verständnis dafür aufzubringen, dass das einen Grund für Verzweiflung darstellt (sh. daher im Besonderen Pkt. 5.) und der geschätzte Leser diesen Artikel bei Seite legt (ggf. den Ausdruck dazu als Brennmaterial verwendet).
„Mit Recht Sterben“ oder Happy End?
Soweit die „richtigen“ äußeren Rahmenbedingungen (im wahrsten Sinne der Heiligen Reihenfolge) vorliegen, bräuchte sich derjenige, der in eine Überlebenssituation bzw. Bedarf an bestimmten Notwendigkeiten kommt, um Fragen der Beschaffung von Wasser oder Nahrung nicht mehr den Kopf zerbrechen, zumal im Kern (= verkürzt) die 3er-Regel u.a. besagt: „ 3 Stunden ohne Schutz (etwa Kälte) und du bist tot, 3 Tage ohne Wasser und du bist tot, 3 Wochen ohne Nahrung und du bist tot“. Anders ausgedrückt, wenn ich (nach 3 Stunden ohne Unterkunft und/oder Feuer) erfroren bin, stellt sich die Wasser- oder Nahrungsbeschaffungsproblematik gar nicht mehr.
Wenn man jedoch den Willen zum Überleben hat, kommt man nicht umhin, die obig exemplarisch dargestellten Regelungen/Bestimmungen/Gesetzen objektiv zu verletzten.
Wer also ein Feuer macht, ohne die dazu notwendigen Erlaubnisse (etwa des Waldeigentümers) zu haben macht sich nach dem Forstgesetz strafbar und hat somit die persönlichen Konsequenzen zu tragen (hier: Verletzung des § 40 Forstgesetz iVm § 174 Forstgesetz kann eine Geldstrafe bis zu 7 270 Euro oder Freiheitsstrafe bis zu vier Wochen nach sich ziehen; sh. dazu EN 13 und 31).
D.h. die Sorglosigkeit in diesem Bereich, kann in die Substanz jedes einzelnen gehen, weil nicht nur hohe finanzielle Folgen (Strafen und Schadenersatz) zu gegenwärtigen sind, sondern mit der möglichen Haft in elementare (Menschen)Rechte (hier: Schutz der pers. Freiheit) eingegriffen werden kann.
Spätestens jetzt taucht die Frage nach einem möglichen „Exitszenario“ auf und ob es nicht doch (rechtliche) Möglichkeiten gibt, diese Folgen abzuwenden.
Den Schlüssel zur Lösung dieses Dilemmas (im Extremfall „Sterben oder Strafbarkeit“) bietet sich eine genauere Betrachtung des Themas „Notstand“ (sh. dazu Pkt. 6.) an.
Zum Begriff „Notstand“ sei an dieser Stelle erwähnt, dass eine Strafbarkeit grundsätzlich das Vorliegen zweier Elemente bedarf. Erstens einen Strafbarkeitstatbestand (= objektive Tatseite), etwa „wer ein Feuer im Wald entzündet“ und zweites die Schuld (= subjektive Tatseite), was die Frage der persönlichen Vorwerfbarkeit betrifft.
Bis jetzt haben wir uns (sh. Pkt. 2. bis 4.) vornehmlich mit exemplarischen Beispielen der objektiven Tatseite beschäftigt und ich erlaube mir nochmals zu wiederholen, dass diese Darstellungen sehr oberflächlich sind. Anderseits scheint die genaue Kenntnis aller relevanten Vorschriften eine Sisyphusaufgabe zu sein, obgleich § 2 ABGB festlegt, dass sich niemand auf seine Rechtsunkenntnis berufen darf.
Notstand
(verwaltungs)strafrechtlich:
Beim Notstand handelt es sich – wie unter Pkt. 5. angedeutet – um das „Schuldelement“ bei der Prüfung ob eine Strafbarkeit vorliegt oder nicht vorliegt (sh. aber auch unten zivilrechtliche Bedeutung).
Sowohl das Verwaltungsstrafrecht (vgl. § 6 VStG) als auch das gerichtliche Strafrecht (vgl. § 10 StGB) kennen den Notstand als Entschuldigungsgrund. Im Wesentlichen beinhalten beide Regelungen eine Abwägung dahingehend, dass der „Täter“ mit seiner Handlung einen schwerer wiegenden Nachteil abwendet, als wenn er die Tat nicht begeht.
Dabei geht es um den Umstand, dass etwa durch den „Einbruch“ (samt Beschädigungen) in eine Hütte bei Schlechtwetter, ein Schaden an der Gesundheit des „Täters“ (oder eines Dritten = Nothilfe) abgewendet werden kann.
Diese Güterabwägung (zugunsten von Leib und Leben, Gesundheit, Tod usw.) bringt eine Straflosigkeit mit sich und treten daher mögliche Folgen von (objektiven) Verletzungen des Forstgesetzes, Wasserrechtsgesetzes, Strafgesetzes nicht ein. Wirtschaftliche Nachteile – als Notstandsgrundlage – können hingegen grundsätzlich nicht vorgebracht werden, es sei denn diese bedrohen die Lebensmöglichkeit selbst.
Diese Notstandsregelungen beinhalten aber mehrere Unsicherheitsfaktoren, wie etwa:
a) ob der „Täter“ sich auf den Notstand berufen konnte oder nicht berufen konnte (Verwendung des Präterium!), wird im Nachhinein festgestellt;
b) d.h. ein Ergebnis einer solchen Prüfung liegt in einer (ungewissen) Zukunft;
c) diese (nachträgliche) Prüfung erfolgt von dritter Stelle, nämlich eines Gerichtes oder einer Verwaltungsbehörde, welche eine andere Ansicht vertreten kann;
d) die sog. Beweislast, ob ein Notstand vorlag, trifft den potentiell zu Bestrafenden, d.h. man muss seine „Schuldlosigkeit“ nachweisen
Diese Beurteilungen beinhalten aber auch Prüfungen der Frage, ob sich der „Täter“ selbstverschuldet in die Situation gebracht hat oder ob er alternative Handlungen hätte setzen können.
Zusammenfassend kann also festgehalten werden, dass die (verwaltungs)strafrechtlichen Notstandsregelungen eine Lösung anbieten, aber diese selbst mit Unsicherheitsfaktoren behaftet sind. Auch kommen hier individuelle Punkte zum Tragen, was u.a. auch persönliche Fähigkeiten (vgl. etwa einschlägige Ausbildungen) betrifft und Zumutbarkeiten (durch Einholung von Informationen) beinhaltet.
Trotz dieser zahlreichen „Abers“ ist die Notstandsregelung eine taugliche Grundlage, an sich strafrechtliches Verhalten (besser dessen Konsequenzen) zwar nicht zu erlauben, aber die persönliche „Unschuld“ in die Waagschale zu werfen.
zivilrechtlich:
Etwas anders verhält es sich beim Notstand aus zivilrechtlicher Sicht (etwa weil schadenersatzauslösend). Den Schädiger, der im Notstand handelt, trifft an sich kein Verschulden § 1306 ABGB), trotzdem kann ihn aber eine sog. Billigkeitshaftung (vom Richter zu beurteilen im Einzelfall) nach § 1306a ABGB treffen, da hier eine Abwägung zwischen den Vermögen des Schädigers und des Beschädigten zu machen ist.
Kein Ersatz ist aber etwa dann zu leisten, wenn die Gefahr von einer Sache (= Sachwehr) ausgeht. Die Literatur führt hier als Beispiel an, dass kein Ersatz für einen Hund zu leisten ist, der im Zuge einer Abwehr getötet wird.
3. Zwischenresümee: Die Notstandsregelungen bieten aus meiner Sicht – trotz aller Unabwägbarkeiten – taugliche Grundlagen, um unser Verhalten (im Survivalfall) zumindest rechtfertigen zu können. Auch wenn die letztliche Beurteilung nicht „bei uns“ liegt, sondern dass darüber Dritte (Richter/Verwaltungsbeamte) entscheiden, agieren wir nicht „im luftleeren Raum“ und können als Orientierungshilfe dienen. Das mag zwar nicht endgültig befriedigend sein, aber klarer geht es einfach nicht
Exkurs zu Trainings – Hinweis
Alle meine Ausführungen und dabei insbesondere zum Pkt. 6., setzten echte Notsituationen voraus.
Wer bestimmte Szenarien bloß beübt (z.B. Unterkunftsbau) muss alle einschlägigen Vorschriften beachten und die ggf. notwendigen Genehmigungen und Erlaubnisse (z.B. vom Waldeigentümer) einholen. Zu Beweiszwecken empfehle ich dies schriftlich zu tun, wobei auch zu beachten wäre, dass niemand mehr Rechte vergeben kann, als er selbst hat. Darunter fällt etwa ein behördliches Verbot von offenem Feuer (wegen erhöhter Waldbrandgefahr), das auch trotz grundsätzlicher Möglichkeit des Waldeigentümers das Feuermachen erlauben zu dürfen.
Natürlich kann es auch in Trainings zu Notsituationen kommen und sind solche u.U. nach den Notstandsregeln zu behandeln, jedoch trifft hier den Trainer eine erhöhte Sorgfaltspflicht bei der Einschätzung zukünftiger Gefahren (z.B. Prognosen über die Wetterentwicklung). Bedeutsam ist das v.a. bei Fragen des Verschuldens eines Trainers und kann den Unterschied zwischen grober und leichter Fahrlässigkeit (etwa im Zusammenhang mit dem Versicherungsbestimmungen und Haftungsfragen) ausmachen.
Zusammenfassung
Geschafft!?
Wenn die geschätzten Leser (hoffentlich mehr als einer) bis hier durchgehalten haben, sollten sie eine groben Überblick über die zum Stand der Erstellung dieser Arbeit geltende Rechtlage im Zusammenhang mit der Frage der „heiligen Reihenfolge“ und deren Bedeutung in der Rechtsordnung haben.
Jetzt ist mir bewusst, dass manche Themenbereiche nur oberflächlich behandelt werden konnten, zumal einerseits eine tiefergehende Betrachtung den Rahmen dieser Arbeit sprengen würde und anderseits der juristische Laie die Lust verlöre, sich dieser Problematik zu widmen.
Wichtig scheinen mir aber folgende Punkte:
1. Planen, um in gar keine Survivalsituation zu kommen (Sorgfaltspflicht)
2. Nachdenken, welche Handlung ich setze, um sich den Fragen von möglichen Alternativen zu stellen
3. wenn es unvermeidbar scheint, die am wenigsten intensive Rechtsverletzung setzen
4. Dokumentation der oder Zeugen für die Handlung bereit haben
5. Notstand (Nothilfe) ist etwas anderes als Notwehr, kann aber die juristische Rettung vor Rechtsfolgen darstellen
6. oft gibt es auch in juristischen Betrachtungsweisen kein „Richtig“ oder „Falsch“, sondern nur Konsequenzen
Danke für das „Durchhalten“ und das Verzeihen orthographischer Fehler bzw. Nachlässigkeiten bei Verweisen (trotz sorgfältiger Prüfung).
Mögen wir alle immer Gesund nach Hause kommen!
zum Autor:
Mag. Johann Bezdeka
Jurist
Diplom im interkulturellen Projektmanagement
Diplom im interkulturellen Konfliktmanagement
Ausbildung als Krisenmanager
uvm.
Rechte:
Die Verwertungsrechte dieser Arbeit liegen – soweit anderes nicht schriftlich vereinbart wurde – ausschließlich beim Autor und spiegeln seine Ansicht wider. Soweit auf Gedankengut Dritter zurückgegriffen wurde, kommt dies in den jeweiligen EN als Quellenangaben zum Ausdruck, die nach besten Wissen und Gewissen erstellt wurden.
Haftungsausschluss:
Der Autor haftet nicht für Schäden oder Nachteile, die unter Berufung auf diese Arbeit entstehen.
Wunsch:
Falls jemand das Bedürfnis hat, diese Arbeit zu zitieren, würde ich mich freuen. Als Beispiel böte sich an: Johann Bezdeka, Mit „Recht“ überleben, Link: https://ueberlebenskunst.at/blog/2017/08/09/mit-recht-ueberleben-rechtliche-aspekte-beim-survival/
Abkürzungsverzeichnis:
ABGB Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch
Abs. Absatz
Anm. Anmerkung
BGBl. Bundesgesetzblatt
BKA Bundeskanzleramt
EN Endnote
d.h. das heißt
idF in der Fassung
iVm in Verbindung mit
K-NSG Kärntner Naturschutzgesetz
LGBl. Landesgesetzblatt
lit litera
lt. laut
OGH Oberster Gerichtshof
Pkt. Punkt
RIS Rechtsinformationssystem (des Bundes)
sh. siehe
sog. sogenannten
StGB Strafgesetzbuch
udgl. und dergleichen
u.U. unter Umständen
v.a. vor allem
vgl. vergleiche
VStG Verwaltungsstrafgesetz
VwGH Verwaltungsgerichtshof
WRG Wasserrechtsgesetz
Z Ziffer
Zl. Zahl
z.B. zum Beispiel
§ Paragraph