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Survival Training

Ein Jahr in der Wildnis – Ein Erfahrungsbericht

Alexandros hat 11 Monate in der Wildnis Nordamerikas in einem Clan gelebt und das Leben und Überleben in und mit der Natur am eigenen Leib gespürt. Seine Erfahrungen und Erlebnisse teilt er mit uns. In diesem Interview bekommst Du einen Einblick in der Wildnisjahr.

In diesem Interview beantwortet Alexandros Fragen zum Wildnisjahr. Ich hoffe Du kannst von den Antworten so viel mitnehmen wie ich.
Ach ja – Das Buch von Alexandros gibt es bei mir im Survival Shop oder auf der Homepage von Alexandros sei-mal-anders.de.

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1. Was waren Deine Beweggründe ein Wildnisjahr zu machen?
Ging es Dir eher darum, Survival Fertigkeiten zu erlernen oder zu sehen, was ein Jahr Wildnis mit und aus Dir macht?

In erster Linie folgte ich meiner inneren Stimme, welche klar sagte “Geh für ein Jahr in die Wildnis, das wird genau die richtige Erfahrung für dich sein, um zu wachsen!”. Und so war es dann, auch wenn ich im Voraus bloß ahnte, was auf mich zukommen würde!
Survival, also Überleben, hat mich nie groß interessiert. Und das bis heute, obwohl ich Wildnispädagoge bin 😉 Doch interessierte mich schon immer “Leben”. Als ich noch ein “gesellschaftlich übliches Leben” führte, kam immer wieder diese stechende Frage in mir auf “Kann Leben noch mehr sein?”

2. Was war der schwerste Moment im Wildnisjahr. Also ein Punkt, an dem Du aufgeben wolltest?

Gleich zu Beginn, nach einer Woche wollte ich bloß heim! All meine unterbewusst romantischen Vorstellungen vom Draußenleben waren dahin! Wir standen mit dem ersten Licht auf, hatten weniger zu Essen als für zivilisationsgewöhnte Leute üblich und waren vollends mit unseren Wachstumsthemen konfrontiert! Ich kam mir erstmal vor, wie im falschen Film, doch sollte der Fluch noch zum Segen werden!

3. Warum hast Du aber dann doch weiter gemacht?

In mir gab es eine starke Instanz, weit mehr als ein Gefühl, die mich anwies zu bleiben – alles würde gut werden…
Und nahezu bei all meinen Herausforderungen bzw. Reflektionen während dem Jahr, kam ich stets auf das selbe Wort: Die Lehrstunde hieß “Vertrauen”.

4. Du schreibst in Deinem Buch von Problemen mit Darmparasiten. Welche konkreten regeln habt Ihr dann eingeführt um das Ausbreiten zu verhindern?

Wir beschlossen, uns 10 – 15 mal am Tag die Hände zu waschen und sie danach mit Tannennadeln zur Desinfektion einzureiben. Niemand durfte das Essgeschirr eines anderen berühren, außer Leute einer Blutsfamilie, welche ohnehin nahen Kontakt hatten. Unsere Fingernägel sollten stets ganz kurz gehalten werden, da hier die Parasiteneier besonders gern nisten. Und Clanmitglieder, welche ein Kribbeln im Hintern spürten, sollten mit den anderen, den körperlichen Kontakt vermeiden und durften nicht mehr das Essen servieren.

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5. Die Darmwürmer wurden aber schlussendlich mit moderner Medizin “besiegt”. Hat sich bei Dir Etwas in Bezug auf moderne Medizin geändert? Wie siehst Du heute Medikamente?

Einst habe ich mir keine Gedanken über Medizin gemacht bzw. hatte ich immer schon eher die Tendenz Medizin bis aufs Letzt zu meiden. Einfach so. Dann las ich über alternative Ansätze bezüglich Krankheiten und konnte sehen, dass die Symptombekämpfung lange nicht an die Wurzel des Anliegens geht. Ich wurde also zum Medizingegner.
Heute bin ich dankbar für solche Symptombeseitigungs-Möglichkeiten und würde sie im ernstfall auch benutzen. Jedoch mit dem Bewusstsein, dass in dieser Situation auch eine wichtige Botschaft für mich liegen könnte.
Rückblickend waren Krankheiten und Verletzungen bereits segensreiche Wegweiser für mich!

6. Braucht es Deiner Meinung nach einen Anführer im Clan. Muss eine Person – egal ob Mann oder Frau – den roten Faden vorgeben? Oder haben das in Eurem Fall die Guides von der Wildnisschule dies erledigt?

Aus meiner Sicht gab die Wildnisschule einen bestimmten Lebensstil vor. Dieser basierte auf indianischen Traditionen und jahrelangen Erfahrungswerten. Zur gleichen Zeit “erarbeiteten” wir uns auch im Clan, was wir wollten oder nicht. Doch eins war klar: Sobald der Clan für ein paar Tage komfortabel geworden war, kamen die Guides und änderten etwas! 🙂
Ich glaube jede Art von Gruppierung braucht Anführer, doch möchte ich diese Rolle hier anders definieren, als gemeinüblich. Jeder Kreis von Menschen bringt verschiedene Qualitäten mit sich. Wie in der Natur, führt also jener, der am meisten Verantwortung übernimmt. Wenn also beim Kochen eine Person mit guter Erfahrung darin, übernimmt, wäre es natürlich, wenn die anderen ihr folgen. Natürlich können auch jene ihren “Senf” dazu geben! Aber später beim Scouten würde vielleicht eine andere Person eine Art Führungsrolle übernehmen und durch Erfahrung die anderen leiten. Komisch wirds doch erst dann, wenn der Koch das scouten übernimmt, nur weil sein Ego sich als allgemeinen Führer ansieht. Und oftmals klappts auch so, dass eine Gruppe während einer gemeinsamen Aktion immer wieder die Führungsposition wechselt, dann sieht es sogar so aus, dass es keinen Führer gibt!
Die Herausforderung sehe ich darin, dass viele Leute weder führen wollen, noch folgen wollen. Für mich ist es eine der größten Freiheiten zu beidem fähig geworden zu sein!

7. Die Redekreise sind für manche Leute in der modernen Gesellschaft unüblich. Wir kennen Demokratie, also die Mehrheit entscheidet oder die Diktatur.
Bringt die Art und Weise, alle Bedürfnisse der Einzelnen einzubinden nicht noch weitere Probleme? Ist es immer möglich auf diese Art eine Lösung zu finden?

Ich möchte nicht sagen “immer”, doch war es erstaunlich zu beobachten, wie gezielt und stark eine Gruppe voranschreiten kann, wenn alle bzw. nahezu alle voll einstimmig sind.
Besonders wenn die Menschen es nicht gewöhnt sind, den Gruppengeist bzw. die Gruppenbedürfnisse vor ihre eigenen zu stellen, kann sich solch ein Lösungsfindungsprozess ganz schön hinziehen. Doch je einheitlicher eine Gruppe wird, desto mehr kann der einzelne darauf vertrauen, dass der Clan ihn trägt!

8. Welche 3 Gegenstände würdest Du Deiner Erfahrung nach unbedingt mit in die Wildnis nehmen?

Ein Messer, Schlafsack und mehrere Meter Schnur.

9. Wie war die Zeit nach der Rückkehr für Dich?

Sehr lustig! Ich stand in München und beobachtete die Leute, alles kam mir vor, wie ein großeres Theater und ich erkannte erst in vollem Ausmaß, wie authentisch wir in der Wildnis wurden. Wenn alle hinter die Kulissen dürfen, wem soll man dann noch etwas vormachen 😉

10. Was verstehst Du unter den Begriffen – Survival, Leben mit der Natur und Überlebenskampf?

Überlebenskampf: Körperliche Bedürfnisse sind unbefriedigend gedeckt und das Erhalten des Körpers wird grenzwertig. Aus Verzweiflung bin ich sogar bereit zerstörerisch zu werden.
Survival: Überleben auf hohem Niveau. Man hat gelernt für das leibliche Wohl zu sorgen und sorgt wahrscheinlich aus Angst vor der Zukunft, durch Anhäufung materieller Güter, kräftig vor. Aus Unwissenheit bzw. Unbewusstheit handle ich zerstörerisch. Ich glaube das ist auch der übliche Zustand in unserer Gesellschaft.
Leben mit der Natur: Meine Handlungen sind so, dass auch für Diejenigen nach mir noch genügend vom Planeten übrig bleibt und mein Leben basiert auf Vertrauen, dass auch später einmal gut für mich gesorgt ist. Deswegen, kann ich trotzdem die ein oder andere Vorsorgemaßnahme treffen, doch ist das alles nicht mehr so zwanghaft und in angstvollem Übermaß.

Darüber hinaus bedeutet für mich “Leben mit der Natur” sogar, selbst wieder zur Natur zu werden! Also ein respektvoller Umgang, friedvolle Worte, Scham,Zweifel und Zukunftsängste hinter mir zu lassen, sowie einer Vision zu folgen, die über meine persönlichen Grenzen hinaus etwas erschafft/bewirkt, wovon auch andere Menschen bzw. dieser Planet profitiert.

11. Was würdest Du jemandem raten der auch ein Wildnisjahr machen möchte?

Lass deine alten Gewohnheiten zu Hause und bringe nicht das, was du ohnehin schon kennst, nämlich deine Komfortzone, mit.
Sei so unvoreingenommen wie dir nur möglich und lasse dich einfach einmal auf etwas ganz neues ein. So, als ob du auf einem anderen Planeten zu Gast wärst. Danach kannst du dann entscheiden, wie viel vom Alten und wie viel vom Neuen du haben möchtest!
Und vor allem: Vertraue 🙂

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Mehr Informationen zum Wildnisjahr und Alexandros

Zuerst möchte ich mich bei Alexandros für das Interview bedanken. Auf seiner Webseite auf sei-mal-anders.de bekommst Du weitere Informationen, Bilder und Videos. Auch möchte ich mich für das Bereitstellen der tollen Bilder bedanken.

Alexandros Buch kannst Du entweder bei mir im Shop oder direkt im Shop des Autor kaufen.